Radostin arbeitet seit 2018 bei infraVelo und ist seit 2020 Projektleiter für den geschützten Radfahrstreifen auf der Schönhauser Allee. Im Interview lässt er die vergangenen Monate Revue passieren.
Im September 2023 sind die Bauarbeiten für den neuen geschützten Radfahrstreifen an der Schönhauser Allee gestartet. Bis dahin war es ein langer Weg. Vor welchen Herausforderungen standet ihr bei den Planungen?
Die Schönhauser Allee ist eine Hauptverkehrsstraße in einem beengten, öffentlichen Straßenraum. Es gibt viele Geschäfte, die auf Lieferungen angewiesen sind, Arztpraxen mit mobilitätseingeschränkten Patient*innen und nicht zuletzt den Verkehrsstrom aus Straßenbahn, Autos, Fußgänger*innen und Radfahrenden. Die größte Herausforderung bestand darin, hier die Vorgaben des Mobilitätsgesetzes umzusetzen und die Radverkehrsinfrastruktur breiter und sicherer zu gestalten. Bei der Planung mussten wir einen Kompromiss mit allen Verkehrsarten – Straßenbahn, Bus, Fußverkehr, Lieferverkehr, Straßenreinigung, Notfalldiensten und Schienenersatzverkehr – finden. Der Radverkehr sollte z. B. den Straßenbahnverkehr nicht ausbremsen, die Fußgänger*innen sichere Querungsmöglichkeiten und die Gewerbetreibenden Lieferzonen bekommen. Für Letzteres haben wir eine Umfrage unter den ansässigen Geschäften auf der Schönhauser Allee durchgeführt, um besser zu verstehen, was gebraucht wird und das auch in der Planung entsprechend zu gestalten. Als Ergebnis haben wir mehr Ladezonen als vorher eingerichtet. Und auch Stellplätze für mobilitätseingeschränkte Personen haben wir berücksichtigt. Insgesamt konnten wir alle Herausforderungen gut meistern, indem wir in einem stetigen Austausch mit dem Straßen- und Grünflächenamt Pankow, den entsprechenden Genehmigungsbehörden der Senatsverwaltung, mit der BVG und der BSR standen.
Insgesamt 700 Betonborde trennen nun den Rad- vom Autoverkehr. Warum habt ihr euch nicht für die rot-weißen Poller entschieden, die es häufig gibt?
Zunächst einmal haben wir alle auf dem Markt vorhandenen Protektionselemente bewertet. Das waren zum Beispiel Sperrpfosten, Leitbaken und Borde. Dabei spielten mehrere Kriterien eine Rolle: die Sicherheit bei der Berührung durch Radfahrende, die Sichtbarkeit, städtebauliche Verträglichkeit, Kosten und der Unterhaltungsaufwand, um hier nur einige zu nennen. Die rot-weißen Poller kamen für die Schönhauser Allee aus Denkmalschutzgründen nicht in Frage. Als bestbewertetes Protektionselement hat sich am Ende die vom Bezirksamt Pankow entworfene Betonschwelle durchgesetzt. Wir nennen sie „Radbord Pankow“. Um die Sichtbarkeit der Radborde zu erhöhen, wurden reflektierende Glasmarker eingebaut. Zusätzliche Markierungsarbeiten sind gerade in Anordnung, um die Elemente noch sichtbarer zu machen.
Bei den Planungen für den neuen geschützten Radfahrstreifen wurde auch der Fußverkehr mitgedacht. Was ist jetzt besser?
Indem wir den Radverkehr vom alten Hochbordradweg auf die Fahrbahn verlegt haben, hat sich die Situation auf der Schönhauser Allee auch für die Fußgänger*innen deutlich verbessert. Sie haben nun mehr Platz und sind vom Radverkehr getrennt. Die neuen Querungsstellen sind deutlich größer, komfortabler und ermöglichen eine viel bessere Sicht auf den gesamten Verkehr. Ich persönlich habe mich sehr gefreut, als ich wenige Stunden nach der Inbetriebnahme der neuen Radverkehrsanlage gesehen habe, wie die Gastronomie schon die Potenziale des breiteren Gehweges nutzt, Eltern mit Kinderwägen an den neuen Übergängen die Straße queren und die Ladezonen gut angenommen werden. Der Gehweg hat nun viel Potenzial neu gestaltet zu werden, z. B. für größere Baumscheiben, mehr Stadtgrün und neue Sitzmöglichkeiten. Diese Ideen werden vom Bezirksamt Pankow geplant und umgesetzt.
Was war dein persönliches Highlight im Projektverlauf?
Die gute Teamarbeit bei infraVelo und die vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Pankow sowie unseren Auftragnehmern war klasse. Ich habe mich sehr gefreut, dass alle ein Ziel vor Augen hatten, den Radverkehr zu stärken und gleichzeitig für alle Mobilitätsarten Verbesserungen zu erreichen. Und nicht zuletzt ist es einfach toll, wenn man die Ergebnisse nach jahrelangen Planungen und einer Bauphase mit vielen unvorhergesehenen Ereignissen endlich verwirklicht sieht.
Radostin ...
... ist seit 2018 bei infraVelo. Seit 2020 begleitet er das Projekt Schönhauser Allee als Projektleiter.