Die Planungen von Radschnellverbindungen sind komplexe Prozess- und Arbeitsschritte mit vielen Beteiligten. 7 von 10 untersuchten Trassen haben Priorität in der Bearbeitung.
Nach der Fertigstellung der Machbarkeitsuntersuchungen für zehn Radschnellverbindungen Ende 2021 haben wir die Planungen gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz priorisiert. Aktuell arbeiten wir parallel an sieben Vorhaben mit insgesamt rund 110 Kilometer Länge.
Infrastrukturprojekte entstehen nicht am Fließband. Jede Route ist ein Einzelfall: Die Arbeitsstände und Fortschritte bei der Bearbeitung unterscheiden sich voneinander, da die Rahmenbedingungen vor Ort nie gleich sind: natur- und artenschutzrechtliche Anforderungen, Denkmalschutzaspekte, die separate Führung der Mobilitätsarten, Haltestellen des ÖPNV sind bei jeder Routenführung anders. Dazu sind zahlreiche Abstimmungen mit unterschiedlichsten Akteur*innen zu führen, mit verschiedenen Fachebenen in den Bezirken und Senatsverwaltungen, der BVG, der Deutschen Bahn und anderen Ämtern, die auf den vorgesehenen Flächen aktiv sind bzw. die Eigentümer*innen dieser Flächen sind.
Bei der „Ost-Route“ und der „West-Route“ sind die Planungen am weitesten fortgeschritten. Die Routen in den südlichen Bezirken Berlins sind ungeachtet der besonderen Herausforderungen für Natur- und Artenschutz oder Naherholung zwar weit vorangeschritten, aber ihre Streckenführungen noch nicht endgültig ausgearbeitet. Umweltexpert*innen, Verkehrsplaner*innen, Bauingenieur*innen und Beteiligte in den Fachbehörden arbeiten hierfür im engen Austausch an der Festlegung der Vorzugstrassen, also der für alle Belange vorteilhaftesten Routenführung. Diese werden in einem nächsten Schritt öffentlich vorgestellt und erläutert.
Komplexes, aber rechtssicheres und nachhaltiges Vorgehen
Radschnellverbindungen mitten durch die dicht bebaute Stadt zu führen ist ein hoch komplexes Vorhaben. Erstmals in Berlin werden gesetzlich geregelte Planfeststellungsverfahren für Radverkehrsanlagen nötig, mit all ihren anspruchsvollen Abwägungs-, Abstimmungsverfahren und Beteiligungen. In diesem Umfang mit zeitgleich sieben Trassen wird das nirgendwo anders in Deutschland geplant. Das kostet Zeit.
Die ursprünglichen Zeitpläne gingen idealtypisch davon aus, nach der Machbarkeitsuntersuchung für jede Radschnellverbindung nur die fachlich am besten bewertete Trasse zu untersuchen. Im Zuge der Vorplanung wurde sich jedoch dafür entschieden, alle machbaren und sich aufdrängenden Routenvarianten innerhalb des vordefinierten Trassenkorridors vertieft zu untersuchen. Dieses Vorgehen sorgt für Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei der Festlegung der Vorzugstrasse.
Das Planfeststellungsverfahren ist zwar zeitaufwändig, bringt aber viele Vorteile. Ein großes Infrastrukturprojekt wie eine Radschnellverbindung berührt verschiedene Belange – etwa den Natur- und Artenschutz, Denkmalschutz, übergeordnete Stadtentwicklungsvorhaben –, Wirtschaftlichkeit, die verschiedenen Mobilitätsarten, Vorgaben für öffentliche Institutionen wie Feuerwehr und Rettungsdienste, Grundstücksverfügbarkeiten, gesetzliche Vorgaben für öffentliches Straßenland oder Interessen betroffener Bürger*innen. Mit der Planfeststellung werden alle Einwände Betroffener bestmöglich abgewogen und berücksichtigt. Das sorgt für eine umweltfreundliche, nachhaltige und für alle Beteiligten möglichst umsichtige Lösung. Sie wird von einer unabhängigen Prüfbehörde – der Planfeststellungsbehörde – durchgeführt und sichert das Vorhaben rechtlich ab. Wir gehen von einer Verfahrensdauer von mindestens 1,5 Jahren aus. In dieser Zeit werden alle Einwände von Betroffenen aufgenommen. Erst nach ihrer Prüfung und Abwägung entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Genehmigung des Vorhabens.
Voraussetzungen für Planfeststellungsverfahren sind umfangreiche Genehmigungsunterlagen mit Detailuntersuchungen, zusätzlichen Nachweisen und fachspezifischen Gutachten (beispielsweise zu Artenschutz, Sicherheit der Verkehrsanlagen und Baugrundbeständen) für jede Radschnellverbindung im Ganzen. Diese werden in den verschiedenen Fachplanungsphasen aufeinander aufbauend erarbeitet.
Grundsatz der Ausgewogenheit
Radschnellverbindungen sind Vorhaben, bei denen wir die Interessen alle Verkehrsteilnehmenden und die Schutzgüter Umwelt und Natur berücksichtigen. Daher gilt für uns bei der Planung der Grundsatz der Ausgewogenheit. Neben dem Radverkehr werden der ÖPNV, der motorisierte Verkehr und der Fußverkehr ebenfalls berücksichtigt, denn es geht um eine Neuverteilung des Verkehrsraums. Unser Fokus liegt auf der Planung und dem Bau einer nachhaltigen, rechtssicheren Radverkehrsanlage im öffentlichen Straßenland – und damit auf der Stärkung des Umweltverbundes.